Das Auto im Insolvenzverfahren

Über keinen Vermögensgegenstand dürfte es so viel Diskussionsstoff geben zwischen Insolvenzverwalter und Schuldner wie über den fahrbaren Untersatz. Nachdem das Auto heutzutage quasi zu den Grundbedürfnissen zählt und so mancher Arbeitnehmer ohne ein solches gar keine Anstellung findet, machen nicht wenige Schuldner die Einleitung eines Insolvenzverfahrens davon abhängig, ob sie ihr Fahrzeug behalten dürfen oder nicht. Aber auch ohne eine feste Arbeit möchte keiner auf das Auto verzichten und geht oft mit Angstschweiß auf der Stirn in das Erstgespräch mit dem Insolvenzverwalter. Dabei ist die Angst oft unberechtigt, worüber der folgende Artikel aufklären soll. Es gibt hier verschiedenen Konstellationen, die man für sich betrachten muss.

 

1. Das Auto steht im Eigentum des Schuldners

Wurde das Fahrzeug vom Schuldner erworben und steht in dessen Eigentum, so ist es grundsätzlich massezugehörig und könnte verwertet werden. Für das Eigentum ausschlaggebend ist nicht die Eintragung im Kraftfahrzeugbrief, sondern alleine die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse (Kaufvertrag, Schenkungsversprechen).

Steht ein Fahrzeug im Eigentum des Schuldners, so ist in einem zweiten Schritt zu fragen, ob er dieses nicht dazu benötigt, um damit in die Arbeit zu fahren. Ist das der Fall, ist das Fahrzeug im Insolvenzverfahren wegen § 811 Abs.1 Nr. 5 ZPO nicht verwertbar und genießt Pfändungsschutz. Es muss aber zudem auch sicher sein, dass der Schuldner nicht zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Arbeit erreichen kann. Trifft dies zu (Werksbusse, Fahrgemeinschaften, oft frequentierte Bus- bzw. Bahnverbindung), besteht kein Pfändungsschutz und das KfZ ist einer Verwertung zugänglich.

Ein weiterer Problempunkt kann sein, dass das im Eigentum des Schuldners stehende Fahrzeug einen recht hohen Veräußerungswert (über 10.000 €) hat. In diesem Fall wäre der Insolvenzverwalter befugt, trotz bestehendem Pfändungsschutz dem Schuldner dieses Fahrzeug wegzunehmen und ihm ein günstigeres zu überlassen. Man spricht dabei von einer Austauschpfändung. Der Übererlös aus dem Verkauf wird dann der Masse zugeführt.

Einfältige Schuldner argumentieren nicht selten, sie benötigen das Auto für die täglichen Fahrten zum Einkaufen, für Arztbesuche oder um die Kinder in Schule oder Kita zu fahren. Wenn auch viele Insolvenzverwalter hier ein Auge zudrücken und großzügig sind, besteht laut Gesetz keine Grundlage, für diese Sondertatbestände eine Ausnahme zu machen. Nur dann ist das Auto pfändungsgeschützt, wenn es für den Schuldner quasi Voraussetzung ist, dass er arbeiten gehen kann. Alles andere ist keiner Argumentation zugänglich.

2. Das Auto wurde finanziert über eine Bank

Etwas anders ist der Fall zu behandeln, wenn das Fahrzeug vom Schuldner gekauft, aber über eine Bank finanziert wurde. In dieser Alternative nimmt der Schuldner ein Darlehen auf in Höhe des Kaufpreises und bezahlt damit den Wagen. Zur Sicherung wird dieser dann an die Bank zur Sicherheit übereignet, im Verhältnis Käufer (Schuldner) und Bank ist die Bank noch Eigentümerin. Der KfZ-Brief wird dann der Bank überlassen.

Im eröffneten Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter zwar grundsätzlich zur Verwertung befugt – auch gegen den Willen des Schuldners. Er wird dies aber nur dann tun, wenn die Verwertung des Fahrzeuges einen Übererlös mit sich bringt, welcher dann der Masse zufließt. Es ist also der Betrag der aktuellen Darlehensvaluta mit dem (aktuellen!) Wert des Fahrzeuges zu vergleichen. Da die KfZ-Darlehen meistens niedrige Rückzahlungsraten aufweisen, sinkt der Fahrzeugwert in aller Regel wesentlich schneller als die Restdarlehensrate, so dass für die Masse kein Erlös übrig bleibt und der Verwalter den Vertrag freigibt. Kann der Schuldner dann die Darlehensraten aus einem pfandfreien Einkommen weiterbezahlen und stimmt die Bank dem zu, so kann das Auto beim Schuldner verbleiben. Die Größe des Fahrzeugs und der Wert spielen dabei keine Rolle.

Stellt der Insolvenzverwalter einen Übererlös fest (was besonders bei sehr hohen Anzahlungen der Fall ist), so muss auch hier der Pfändungsschutz beachtet werden. Benötigt der Schuldner nämlich den fahrbaren Untersatz für die täglichen Fahrten zu Arbeit und ist der Übererlös nicht allzu hoch, so kann das Fahrzeug nicht verwertet werden.

In allen Fällen des fremdfinanzierten Fahrzeuges kann der Insolvenzverwalter allerdings die Freigabe des Vertrages von der Zahlung der sogenannten Feststellungspauschale in die Insolvenzmasse abhängig machen. Diese beläuft sich auf 4% des Brutto-Veräußerungserlöses und ist vom Schuldner an den Verwalter zu bezahlen. Nach § 171 Abs.1 InsO steht dem Insolvenzverwalter diese Summe als Entschädigung für die Feststellung des Sicherungsrechts zu, unabhängig davon, ob dieses dann verwertet wird oder nicht. Zudem muss ebenso in allen Fällen, in denen der Insolvenzverwalter das Fahrzeug an den Schuldner freigibt, sichergestellt sein, dass die finanzierende Bank den Darlehensvertrag mit dem Schuldner fortführt. Wenn dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich ist, muss der Schuldner trotz kooperativem Insolvenzverwalter sein Auto herausgeben.

3. geleastes Fahrzeug

Vor allem bei selbständigen Unternehmern ist es im Geschäftsleben mittlerweile selbstverständlich, dass man sein Auto least. Ein Leasingvertrag hat einige Vorteile. Zum einen kann der Selbständige die volle monatliche Leasingrate als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen. Zum anderen bekommt der Leasingnehmer je nach Wahl der Vertragsdauer nach einer festgeschriebenen Zeit wieder ein brandneues Auto zur Verfügung gestellt. Dies kann einerseits als Statussymbol vorgezeigt werden, zum anderen werden durch die Neuwagengarantie auch eventuell auftretende Mängel stets kostenlos beseitigt. Über 95 % der Neuwagen der Premiummarken Daimler Benz, BMW oder Audi sind Leasingfahrzeuge.

Ein Leasingvertrag ist nichts anderes wie ein etwas modifizierter Mietvertrag. Das Eigentum bleibt bei der Leasingbank, der Leasingnehmer erhält lediglich den Besitz, er mietet bzw. least den Wagen auf Zeit und gibt ihn nach Zeitablauf an den Leasinggeber zurück. Da der Leasingnehmer niemals Eigentum erwirbt, kann der Insolvenzverwalter das KfZ im Insolvenzverfahren (bis auf wenige Ausnahmen) nicht verwerten.  Wenn der Schuldner also genug Geld hat, um die hohen monatlichen Leasingraten eines Porsche Cayenne zu bezahlen oder ein Dritter diese für ihn bezahlt, bleibt es ihm unbenommen, während des Insolvenzverfahrens Porsche zu fahren.

4. geliehenes Fahrzeug

Es muss kein komplexer Leasingvertrag sein, wenn man sein Auto vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters schützen möchte. Auch ein einfacher (unentgeltlicher) Leihvertrag reicht aus. Wenn also der Freund dem Schuldner seinen voluminösen BMW X 6 leiht, ist dies hinzunehmen, auch wenn das Fahrzeug einen Wert von über 100.000 € hat. Auch eine Nutzungsentschädigung, wie sie aus dem Schadensersatzrecht bekannt ist, kann nicht vom Schuldner verlangt werden. Er fährt den Straßenkreuzer dann quasi kostenlos.

Aber Vorsicht! Tricksen hilft nicht immer!

Besonders einfältige Schuldner verschenken oder übergeben ihr Fahrzeug oft kurz vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens an einen Dritten, welcher es dann dem Schuldner in nach außen geradezu generöser Weise unentgeltlich ausleiht. Oder der Dritte kauft mit Mitteln des Schuldners gleich ein Fahrzeug, lässt es auf sich zu und stellt es dem Schuldner zur Verfügung. Diese Vorgehensweise widerspricht der Lebenserfahrung (wer verleiht schon sein Fahrzeug) und ist zudem noch äußerst riskant. Denn der Insolvenzverwalter kann nach der Verfahrenseröffnung sämtliche unentgeltlichen Verfügungen rückgängig machen.  So läuft der Schuldner Gefahr, sein zuvor an einen Dritten übergebenes Fahrzeug ganz zu verlieren. Hätte er es behalten, wäre es nicht selten Fällen unpfändbar und hätte von ihm weiterhin benutzt werden dürfen.

Handlungsempfehlungen

Bei allen oben genannten Alternativen ist oberstes Ziel, sich mit dem Insolvenzverwalter gut zu stellen. Es gibt nämlich keine starren Listen und Zahlen, ab welcher Summe ein Fahrzeug nicht mehr Pfändungsschutz genießt und verwertet werden muss. Ebenso muss ein auf dem Land lebender Schuldner nicht zwingend sein Auto abgeben, wenn er nicht arbeitet.  Die Gerichte lassen dem Insolvenzverwalter hier einen großen Spielraum. Merkt der Insolvenzverwalter, dass ein Schuldner immer korrekt mitarbeitet und die ihm auferlegten Pflichten der Insolvenzordnung pünktlich erfüllt, so wird er oftmals ein Auge zudrücken und den Streit um das Fahrzeug zugunsten des Schuldners entscheiden. Auch die Feststellungspauschale bei fremdfinanzierten Fahrzeugen wird von vielen Insolvenzverwaltern gar nicht gefordert und der vierrädrige Freund wird unverzüglich an den Schuldner zur weiteren Benutzung frei gegeben.  Wird dagegen die Zusammenarbeit mit dem Verwalter verweigert oder beschränkt, so kann dieser dem Schuldner das Fahrzeug streitig machen und notfalls über den Gerichtsvollzieher abholen lassen.