Zahlungsunfähigkeit wegen Rückforderung der Corona-Soforthilfe?

Wohl nahezu alle Selbständigen im Land Brandenburg, die im Jahre 2020 eine Corona-Soforthilfe von der Investition und Landesbank (ILB) erhalten haben, sind vor kurzem von dieser angeschrieben worden. Die Betroffenen schildern, dass man aufgefordert worden sei, die Soforthilfe zurückzuzahlen und sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht würde.

Hintergrund der vielen Anfragen ist die Angst der Leistungsempfänger, mit dieser „Rückzahlungsforderung“ eine Zahlungsunfähigkeit nicht mehr vermeiden zu können. Es wird deshalb gefragt, ob es sinnvoll sei, einen Insolvenzantrag zu stellen. 
Für die meisten Selbständigen, die bis zu fünf Mitarbeiter haben, geht es dabei um erhaltene  € 9.000,00, die möglicherweise zusammen mit anderen Verbindlichkeiten das „Fass zum Überlaufen“ bringen würde.
Bevor empfohlen werden kann, einen Insolvenzantrag zu stellen, muss geklärt werden, ob ein Rückforderungsanspruch tatsächlich besteht.
Hierzu sollten Sie zunächst das Anschreiben der ILB ganz in Ruhe und genau lesen. Beim genauen Lesen des Schreibens der ILB stellt sich heraus, dass die Leistungsempfänger tatsächlich lediglich aufgefordert werden, eine Überprüfung vorzunehmen.
Dem Schreiben stellt die ILB ein Formular zur Verfügung, das nach gewissen Kriterien ausgefüllt werden soll. Sollte der Unternehmer beim wahrheitsgemäßen Ausfüllen des Formulars feststellen, dass seine Einnahmen in den drei Monaten nach Antragstellung die Ausgaben auch ohne Soforthilfe überstiegen haben, geht die ILB von einer Rückzahlungspflicht des Antragstellers aus.

1. Die erste Richtlinie mit altem Antragsformular
So einfach ist es jedoch nicht. 
Die ILB hat in einem Schreiben an einen Leistungsempfänger, das dem Unterzeichner vorliegt, darauf hingewiesen, dass Antragsteller, die die Corona-Soforthilfe auf Grundlage der 1. Richtlinie vom 24.03.2020 erhalten haben, eine solche Prüfung nicht vornehmen müssen.
Vielmehr kommt es danach allein darauf an, dass corona-bedingt ein existenzbedrohlicher Liquiditätsengpass eingetreten ist und dadurch „…unmittelbare Schäden und Nachteile…“ eingetreten sind.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es gerade nicht darauf an, für welchen Zweck das erhaltene Geld ausgegeben wurde. Folgerichtig verlangt die Richtlinie auch keinen Nachweis der für die getätigten Ausgaben.

2. Die zweite Richtlinie mit altem und neuem Antragsformular
In Brandenburg ist danach eine weitere Richtlinie am 09.04.2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Es handelt sich um die 2. Richtlinie vom 31.03.2020.  
Dort ist geregelt, dass nur Kosten berücksichtigungsfähig sind, die den "Sach- und Finanzaufwand" betreffen. Explizit heißt es in dem Formular: "Personalkosten Lohn- und Gehaltskosten für Beschäftigte sowie bei Soloselbstständigen Unternehmerlohn und Lebenshaltungskosten stellen keine förderfähigen Kosten dar."
Im Laufe der Zeit wurden die Antragsformulare abgeändert, so dass nur die Antragsteller, die das ursprüngliche Antragsformular ausgefüllt hatten, glauben durften, allgemeine Schäden und Nachteile würden mit der Corona-Soforthilfe ausgeglichen werden.

3. Welche Richtlinie gilt?
Für den Antragsteller stellt sich die Frage, welche Richtlinie für ihn gilt. Die ILB behauptet, es käme allein darauf an, auf welche Richtlinie sich der Bewilligungsbescheid bezieht.
Dies dürfte schon deshalb nicht richtig sein, da die 2. Richtlinie erst am 09.04.2020 veröffentlich wurde. Bewilligungsbescheide, die vor dem 09.04.2020 auf die noch nicht veröffentlichte Richtlinie gestützt wurden, dürften in Bezug auf die geänderten Voraussetzungen erfolgreich angegriffen werden können.

4. Was ist zu tun? 
Auf Grund der unklaren Rechtslage, die jedenfalls in Brandenburg herrscht, ist es unvermeidlich, dass die meisten Leistungsempfänger und Antragsteller verunsichert sind.
Daher ist es jedem Begünstigten, der seinen Corona-Soforthilfeantrag mit dem ursprünglichen alten Antrag zum Zeitpunkt der 1. Richtlinie gestellt hat, der Bewilligungsbescheid sich jedoch auf die 2. Richtlinie bezieht, anzuraten, sich fachkundigen anwaltlichen Rat einzuholen.