Was passiert mit Bußgeldern im Insolvenzverfahren – droht mir Erzwingungshaft?

Wenn sich Schulden anhäufen und das Einkommen einfach nicht mehr ausreicht, um allen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, passiert es nicht selten, dass auch Bußgelder unbezahlt bleiben. Zumeist handelt es sich dabei um Verkehrsordnungswidrigkeiten, wie Geschwindigkeitsverstöße oder Parkknöllchen, die mit Bußgeldern geahndet wurden. Doch was geschieht mit den Bußgeldern, wenn man sich dazu entschließt, sich über das Insolvenzverfahren zu entschulden?

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Bußgelder, die auf Ordnungswidrigkeiten beruhen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen wurden, Insolvenzforderungen darstellen; genauer betrachtet, gehören die Verwaltungsbehörden, die die Bußgelder verhängt haben, zu den nachrangigen Insolvenzgläubigern gemäß § 39 InsO. Die nachrangigen Insolvenzgläubiger kommen bei der Verteilung der Insolenzmasse erst dann zum Zuge, wenn die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger i. S. d. § 38 InsO voll befriedigt wurden. Zudem ist zu beachten, dass Bußgelder zu jenen Forderungen zählen, die nach § 302 InsO nicht der Restschuldbefreiung unterliegen und daher vom Schuldner auch nach „erfolgreicher“ Beendigung des Insolvenzverfahrens noch zu zahlen sind.

Während des Insolvenzverfahrens gelten indes auch für die nachrangigen Insolvenzgläubiger die gleichen Regeln wie für die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger, insbesondere das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO, d.h. dass Insolvenzgläubiger gleich welchen Ranges nicht im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner vorgehen dürfen.

Liest man jedoch einmal die Belehrungen, die die Verwaltungsbehörden den Bußgeldbescheiden anhängen, stellt man fest, dass dem Zahlungspflichtigen auch mit der Verhängung einer Erzwingungshaft gemäß § 96 OWiG gedroht wird, sofern das Bußgeld nicht fristgerecht in Ausgleich gebracht wird. Eine Erzwingungshaft befreit dabei den Zahlungspflichtigen nicht von der Verpflichtung zur Zahlung des Bußgeldes, sondern ist ein Beugemittel, um eben die Zahlung zu erzwingen. Sie ist also gewissenmaßen ein Instrument der Zwangsvollstreckung von Bußgeldern. Darf aber die Erzwingungshaft auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens angeordnet werden? Über diese Frage wird seit Jahren gestritten.

In Anbetracht des Vorgesagten müsste die Verhängung einer Erzwingungshaft für Bußgelder, die vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, unzulässig sein. Zu dieser Ansicht kommen u.a. die Landgerichte Hechingen, Dresden, Hannover, Bochum, Duisburg und zuletzt auch Stuttgart, die in der Erzwingungshaft eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung der Bußgelder sehen.

Doch diese Ansicht wird nicht von allen Gerichten vertreten. So erachteten beispielsweise die Landgerichte Berlin, Potsdam, Offenburg, Deggendorf und Bamberg die Anordnung einer Erzwingungshaft entweder schon gar nicht als Maßnahme der Zwangsvollstreckung oder stellen darauf ab, dass dem Schuldner zugemutet werden kann, die Geldbuße zumindest ratenweise aus dem unpfändbaren Teil seines Einkommens zu bezahlen und verweisen auch darauf, dass die Vollstreckung von Bußgeldern Teil der Strafrechtspflege sei und eine Aufschiebung der Vollstreckung bis nach der Restschuldbefreiung aufgrund des Sanktionszweckes des Bußgeldes nicht angemessen sei.

Diese Uneinigkeit der Gerichte über die Behandlung der Erzwingungshaft in Insolvenzverfahren führt letztlich dazu, dass keine allgemeingültige Empfehlung zur Vorgehensweise im Falle einer drohenden Erzwingungshaft ausgesprochen werden kann. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, welche Rechtsansicht das zuständige Gericht vertritt. Nur so kann man festlegen, ob es sinnvoll ist, Rechtsmittel gegen die Verhängung einer Erzwingungshaft einzulegen oder ob es doch besser wäre, die Geldbuße in Raten abzustottern, um eine Erzwingungshaft zu vermeiden.

Hierbei hilft Ihnen ein ortsansässiger Rechtsanwalt des Insolvenz Anwalt 24 gerne weiter und steht an Ihrer Seite. Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!