Pfändbarkeit von Corona-Prämien, staatlichen Soforthilfen und Kurzarbeitergeld

In der auch 2021 anhaltenden Corona-Krise stellt sich die rechtliche Frage des Pfändungsschutzes für die vom Arbeitgeber gewährten steuerfreien Corona-Prämien, für die staatlichen Soforthilfen für Einzelunternehmer und Freiberufler sowie für das vom Arbeitgeber ausbezahlte Kurzarbeitergeld. Eine Pfändung kann an der Quelle (Arbeitgeber oder Behörde) oder vom Konto des Schuldners erfolgen. Die Frage der Pfändbarkeit kann sich auch im laufenden Insolvenzverfahren des Schuldners stellen.

1. Pfändbarkeit der steuerfreien Corona-Prämien

Die Arbeitgeber konnten nach Mitteilung des Bundesministeriums für Finanzen vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 ihren Arbeitnehmern aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag in Höhe von 1.500,00 € steuerfrei in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewähren, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen der Corona-Krise geleistet wurden. Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde der Zeitraum der Steuerfreiheit von Corona-Prämien bis zum 30.06.2021 verlängert. 

Zunächst ist klarzustellen, dass die Steuerfreiheit der Leistung nach dem Einkommensteuergesetz nicht automatisch zu einer Unpfändbarkeit der Leistung führt. So hatte der Gesetzgeber klarstellend auch nur Corona-Prämien an Arbeitnehmer in Pflegeeinrichtungen in § 150a Abs. 8 S. 4 SGB XI als unpfändbar erklärt. Im Umkehrschluss nahmen daher einige an, dass alle anderen Corona-Prämien an Arbeitnehmer außerhalb der Pflege mangels gesetzlicher Regelung pfändbar sind. Eine Unpfändbarkeit kann sich aber aus § 850a Nr. 3 ZPO ergeben, wenn man die Corona-Prämie als Erschwerniszulage bzw. als Gefahrenzulage ansieht. Diese Erschwernis kann zum einen in der Quantität der zu leistenden Arbeit (Überstunden, Wochenendarbeit) zum anderen in der Gesundheitsgefährdung gesehen werden. Die Ansteckungsgefahr mit dem lebensbedrohlichen Virus Sars-COV-2 kann daher im Einzelfall nach der Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers einen Pfändungsschutz ergeben. Für Arbeitnehmer in Supermärkten, Krankenhäusern und Einzelhandel sollen die Corona-Prämien nicht nur eine Anerkennung der besonderen Arbeitsleistung, sondern auch ein finanzieller Ausgleich für die erhöhte gesundheitliche Gefahr darstellen, die mit der Arbeit einhergeht, da diese Arbeitnehmer einem deutlich höheren Maße als andere der Gefahr unterliegen, sich mit dem Corona-Virus anzustecken.

Eine solche erhöhte Gesundheitsgefährdung könnte bei Arbeitnehmern im Homeoffice (zum Beispiel Arbeitnehmer bei Banken oder Krankenkassen, die ohne Überstunden seit dem Höhepunkt der Pandemie in Homeoffice arbeiten) anders beurteilt werden, womit die Corona-Prämien für die Gläubiger pfändbar wären. Eine pfändungsrechtlich relevante Erschwernis ist hier nicht ohne weiteres zu erkennen. 

Bei einer Auszahlung der Corona-Prämie auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners ist Pfändungsschutz durch einen Antrag des Schuldners beim Vollstreckungsgericht (im Insolvenzverfahren des Schuldners beim Insolvenzgericht) nach § 850k Abs. 4 ZPO zu erreichen.

2. Pfändbarkeit staatlicher Soforthilfen

Ansprüche aus staatlichen Soforthilfen für Einzelunternehmer und Freiberufler zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme, die durch die Corona-Krise ausgelöst wurden, sind wegen ihrer Zweckbindung (Existenzsicherung und Sicherung von Arbeitsplätzen) grundsätzlich für Gläubiger unpfändbar und in der Insolvenz des Schuldners kein Bestandteil der Insolvenzmasse.

Pfändbar sind die Soforthilfen aber für diejenigen Gläubiger, die von der Zweckbestimmung erfasst sind. Das sind Gläubiger der laufenden Betriebskosten wie insbesondere Miete, Strom, Gas, Wasser, Leasinggebühren.

Wenn die Soforthilfe auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners ausbezahlt wurde, ist diese für die Gläubiger pfändbar bzw. im Insolvenzverfahren massezugehörig. Der Schuldner muss hier einen Antrag auf Unpfändbarkeit beim Vollstreckungsgericht (im Insolvenzverfahren des Schuldners beim Insolvenzgericht) stellen.

3. Pfändbarkeit von Kurzarbeitergeld

Kurzarbeit im Arbeitsverhältnis bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. 60 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts erhalten Arbeitnehmer als Kurzarbeitergeld. Beschäftigte mit mindestens einem Kind erhalten 67 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts.

Das Kurzarbeitergeld ist als Sozialleistung grundsätzlich wie Arbeitseinkommen pfändbar. Im Insolvenzverfahren des Schuldners ist der Anspruch auf Kurzarbeitergeld automatisch vom Insolvenzbeschlag erfasst. Die Besonderheit beim Kurzarbeitergeld ist, dass dieses vom Arbeitgeber ausbezahlt wird (obwohl es eine staatliche Sozialleistung ist), so dass der Arbeitgeber als Drittschuldner bei der Pfändung in den Anspruch auf Kurzarbeitergeld gilt. Aus dieser Besonderheit schließt das Landesarbeitsgericht Hamm bei einer Pfändung des Gläubigers beim Arbeitsgeber, dass kein gesonderter Zusammenrechnungsbeschluss erforderlich sei, wenn der Arbeitnehmer neben dem (staatlichen) Kurzarbeitergeld auch noch seinen (reduzierten) Arbeitslohn bekommt. Eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Kurzarbeitergeld kann auch auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers (bzw. des Insolvenzverwalters) durch das Vollstreckungsgericht (im Insolvenzverfahren des Schuldners durch das Insolvenzgericht) nach § 850e Nr. 2 S. 1 ZPO erfolgen.