Insolvenzantrag jetzt stellen oder noch abwarten?

Seit dem 01.10.2020 warten viele überschuldete Menschen auf eine Gesetzesänderung. Diese Neuregelung soll es Schuldnern ermöglichen, schon nach drei Jahren von ihren restlichen Schulden befreit zu werden, auch wenn sie u.a. keine Möglichkeit hatten, ihren Gläubigern zumindest Teilzahlungen zur Verfügung zu stellen.

Dies hat die Bundesregierung in einem Entwurf zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens am 01.07.2020 so vorgesehen. 

Vorteile der Regelung

Die Insolvenzordnung in der bislang gültigen Fassung sieht vor, dass grundsätzlich erst nach sechs Jahren Restschuldbefreiung erreicht werden kann. Sofern die Verfahrenskosten des Insolvenzverfahrens bezahlt sind, reduziert sich diese Zeit auf fünf Jahre. Nur in Ausnahmefällen, in etwa 2 % der Insolvenzverfahren, wurde eine Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren erreicht.
Mit der Neuregelung besteht die Hoffnung, dass in den meisten Fällen eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren erreicht wird und zwar sowohl für den unternehmerisch tätigen Schuldner als auch für die Privatperson. Allerdings sind Einzelheiten umstritten, weshalb das Gesetz wohl auch noch nicht in Kraft ist.
Da die EU-Richtlinie vorsieht, eine Neuregelung bis zum 16.07.2021 umzusetzen und diese Frist um ein Jahr verlängert werden kann, besteht auch leider kein äußerer Druck, die grundsätzlich zwingend erforderliche Gesetzesänderung schon in den nächsten Wochen in Kraft treten zu lassen.


Persönliche Einzelfallberatung unerlässlich

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die bisherigen Regelungen der Insolvenzordnung für einen Schuldner vorteilhaft sind, ist eine umfassende Beratung durch den erfahrenen Insolvenzberater dringend zu empfehlen.
Tendenziell wird es für die meisten Schuldner sinnvoll sein, noch abzuwarten, da die begründete Hoffnung besteht, in den nächsten Monaten eine neue Gesetzeslage vorzufinden, die überdurchschnittlich häufig für die Schuldner günstiger sein wird, als es die derzeitige Rechtslage ist.
Für Schuldner, die unter ein Verbraucherinsolvenzverfahren gem. §§ 304 ff Insolvenzordnung fallen, darf nicht vergessen werden, dass ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan unabdingbar ist. Da sich der Schuldner für einen solchen Plan gem. § 305 I Nr. 1 Insolvenzordnung sechs Monate Zeit lassen kann, gibt es keinen Grund mit dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan abzuwarten. Abgewartet werden sollte, jedenfalls solange diese sechs Monate noch nicht überschritten sind, jedenfalls mit der Insolvenzantragstellung.