In 3 Jahren schuldenfrei? Gesetzesentwurf liegt seit 01.07.2020 vor!

Die Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019 über Restrukturierung und Insolvenz schreibt vor, dass unternehmerisch tätige Personen Zugang zu einem Verfahren haben müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist bis zum 17. Juli 2021 vom deutschen Gesetzgeber umzusetzen; die Umsetzungsfrist kann aber einmalig um ein Jahr verlängert werden.

Mit Datum vom 01.07.2020 liegt der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens vor. Die geplante Umsetzung soll für Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 01.10.2020 beim Insolvenzgericht beantragt werden. Das beabsichtigte Gesetz, welches noch im Bundestag im September 2020 verabschiedet werden muss, soll nicht nur für unternehmerisch tätige Personen (also Selbständige), sondern auch für Verbraucher (also Nichtselbständige/Angestellte) gelten, wobei die Regelung für Verbraucher aktuell nur bis zum 30.06.2025 befristet werden soll.

1. Aktuelle Rechtslage

Grundsätzlich können Schuldner nach heutiger Rechtslage eine Restschuldbefreiung erst nach 6 Jahren erlangen, wobei eine Abkürzung auf 5 oder 3 Jahre möglich ist.
Die Schuldner können bereits nach drei Jahren eine Restschuldbefreiung erlangen, was voraussetzt, dass bis dahin nicht nur die Verfahrenskosten, sondern auch 35 Prozent der Insolvenzforderungen gedeckt werden. Eine vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführte Überprüfung dieser Regelung im Jahr 2018 hat gezeigt, dass dieses Mindestbefriedigungserfordernis von weniger als 2 Prozent der Schuldner erfüllt werden kann. Das gesetzgeberische Ziel, einer Vielzahl von Schuldnern eine schnelle Restschuldbefreiung zu ermöglichen wurde daher deutlich verfehlt. Dagegen schafft es eine große Zahl von Schuldnern eine Restschuldbefreiung nach 5 Jahren zu erlangen, wenn die Verfahrenskosten bezahlt sind.

2. Verkürzung der Verfahrenszeit in Zukunft

Künftig soll eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren auch dann möglich sein, wenn es nicht gelingt, die bisherige Mindestbefriedigungsquote zu erzielen. Ebenso wenig soll es erforderlich sein, dass die Verfahrenskosten gedeckt sind.

Auch weiterhin müssen Schuldner den bestehenden Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um die Restschuldbefreiung zu erlangen. Dazu gehören umfangreiche Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten. Auch muss der Schuldner einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Erschwerend soll in Zukunft für den Schuldner folgendes gelten:

  • Hat der Schuldner nach neuem Recht eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren erlangt, kann er erst elf Jahre nach dieser Restschuldbefreiung wieder einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Im Wiederholungsfall soll dann die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens fünf statt drei Jahre betragen.
  • In Zukunft sollen nach Beendigung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensphase vom Schuldner nicht nur Vermögen aus Erbschaften, sondern auch aus Schenkungen zur Hälfte an den Treuhänder herausgegeben werden. Gewinne aus Lotterien oder anderen Spielen mit Gewinnmöglichkeit sollen vollständig an den Treuhänder abgegeben werden.
  • In Zukunft soll die Obliegenheit des Schuldners bestehen, dass er in der Wohlverhaltensphase nach Beendigung des Insolvenzverfahrens keine unangemessenen Verbindlichkeiten begründet. Ansonsten droht dem Schuldner bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln und bei Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger eine Versagung der Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen durch das Insolvenzgericht.

3. Geplante Übergangsregelung

Für Insolvenzverfahren, die bis zum 16.12.2019 beantragt worden sind, soll es bei der bisherigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von grundsätzlich sechs Jahren bleiben. Für die nach dem 16.12.2019 beim Insolvenzgericht gestellten Insolvenzanträge soll danach gelten:

Datum der Stellung des Insolvenzantrages/Abtretungsfrist 

  • zwischen dem 17. Dezember 2019 und 16. Januar 2020/ fünf Jahre und sieben Monate 
  • zwischen dem 17. Januar 2020 und 16. Februar 2020/ fünf Jahre und sechs Monate 
  • zwischen dem 17. Februar 2020 und 16. März 2020/ fünf Jahre und fünf Monate 
  • zwischen dem 17. März 2020 und 16. April 2020/ fünf Jahre und vier Monate 
  • zwischen dem 17. April 2020 und 16. Mai 2020/ fünf Jahre und drei Monate 
  • zwischen dem 17. Mai 2020 und 16. Juni 2020/ fünf Jahre und zwei Monate 
  • zwischen dem 17. Juni 2020 und 16. Juli 2020/ fünf Jahre und ein Monat 
  • zwischen dem 17. Juli 2020 und 16. August 2020/ fünf Jahre 
  • zwischen dem 17. August 2020 und 16. September 2020/ vier Jahre und elf Monate 
  • zwischen dem 17. September 2020 und 30. September 2020/ vier Jahre und zehn Monate. 

Daher sollte bei noch nicht gestellten Insolvenzanträgen grundsätzlich bis zum 01.10.2020 abgewartet werden und bei nach dem 16.12.2019 beantragten und noch nicht beendeten Insolvenzverfahren durch einen auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalt überprüft werden, ob und in welcher Form eine Verfahrensbeendigung und Neubeantragung möglich ist.
 

4. Reform für SCHUFA-Einträge?

In diesem Zusammenhang fordern Rechtsexperten die Verkürzung der Speicherfrist der Restschuldbefreiung als Negativmerkmal in Wirtschaftsauskunfteien, wie der SCHUFA, von aktuell drei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen. Hierdurch soll der wirtschaftliche Neuanfang für Schuldner erleichtert werden.

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